Immunvermittelte Entzündungen der Hypophyse (Hypophysitis), der Schilddrüse (Thyreoiditis) und der Nebennieren (Adrenalitis) gehören zu den bekannten Nebenwirkungen immunonkologischer Medikamente. Aus diesen Nebenwirkungen können plötzliche Notfälle erwachsen.
Hypothyreotes Koma
Was versteht man unter einem hypothyreoten Koma?
Das hypothyreote Koma oder Myxödem-Koma ist eine seltene, lebensbedrohliche Komplikation einer – auch nicht bekannten – Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose). Es stellt eine Krisensituation mit einer hohen Sterblichkeit dar. Traumata, Operationen, Infektionen, Kälteexposition, Herz- und Gefäßerkrankungen, metabolische Störungen, Medikamente können Auslöser sein. Das hypothyreote Koma ist durch eine Bewusstseinstrübung und eine gestörte Temperaturregulation sowie einen häufig nachweisbaren Auslöser definiert.
Diagnose
Klinisches Bild und deutlich erniedrigte Schilddrüsenhormon-Werte (fT4).
Behandlung
Da viele Organe beim hypothyreoten Koma betroffen sind, ist eine intensivmedizinische Überwachung erforderlich. Ärztliche Maßnahmen müssen sofort eingeleitet werden und bestehen u. a. in
- supportiven Maßnahmen, wie Atmungs- und Kreislaufunterstützung, vorsichtiges Erwärmen
- sofortiger Gabe von Schilddrüsenhormon (Thyroxin) und Glukokortikoiden
- Elektrolyt- und Flüssigkeitsersatz
- der Behandlung zusätzlicher Probleme (meist Infektionen)
Wie erkenne ich ein hypothyreotes Koma?
Veränderungen der Bewusstseinslage oder des mentalen Zustands, eine gestörte Temperaturregulation (Hypothermie), Hypotonie, verminderte Atemfrequenz, Muskelschwäche, verminderte Sehnenreflexe, Krämpfe zusammen mit Zeichen einer Hypothyreose wie u. a. trockene Haut, Ödeme, Bradykardie lenken den Verdacht auf ein hypothyreotes Koma.
Welche Patient:innen sind gefährdet?
Meist ältere Patient:innen mit nicht ausreichend behandelter Schilddrüsenunterfunktion.
Wie kann ich Ärzt:innen unterstützen?
Achten Sie bei Ihren Patient:innen auf den Allgemeinzustand und informieren Sie bei Veränderungen, speziell bei Verwirrtheit, Untertemperatur, Schwäche, Blutdruckabfall, verringerter Atemfrequenz unverzüglich die behandelnden Ärzt:innen.
Tipps und Tricks
- Unter einer Behandlung mit immunonkologischen Medikamenten kann sowohl eine Unterfunktion als auch eine Überfunktion der Schilddrüse auftreten.
Thyreotoxische Krise
Was ist eine thyreotoxische Krise?
Die thyreotoxische Krise ist eine seltene, lebensbedrohliche Komplikation einer Schilddrüsenerkrankung, z. B. einer bereits bestehenden Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) mit erhöhter Bildung von Schilddrüsenhormon oder einer Thyreoiditis (Entzündung der Schilddrüse) mit vermehrter Ausschwemmung von Schilddrüsenhormon. Unbehandelt ist die thyreotoxische Krise nahezu immer tödlich. Auslöser können Stresssituationen sein: z. B. Infektionen, Unfälle, Operationen, kardiovaskuläre Probleme, psychischer Stress oder auch metabolische Entgleisungen.
Diagnose
Die Diagnose richtet sich nach dem klinischen Bild und hohen Schilddrüsenhormon-Werten.
Behandlung
Bereits beim Verdacht auf eine thyreotoxische Krise ist eine intensivmedizinische Betreuung mit Monitoring der Atem- und Kreislauffunktion sowie des neurologischen Zustands erforderlich, denn es besteht das Risiko einer schnellen Verschlechterung. Die ärztliche Behandlung besteht in der Gabe von Thyreostatika, das sind Medikamente, die die Produktion von Schilddrüsenhormon hemmen. Bei der „Überschwemmung“ durch Schilddrüsenhormon aufgrund einer Entzündung werden Patient:innen mit Glukokortikoiden und entzündungshemmenden Medikamenten behandelt. Unterstützend werden Flüssigkeitsgabe, hochkalorische Ernährung, Fiebersenkung und weitere Maßnahmen wie z. B. Beatmung eingesetzt.
Wie erkenne ich eine thyreotoxische Krise?
Erhöhte Schilddrüsenhormon-Spiegel führen u. a. zu Tachykardie Tachykardie, Blutdruckspitzen, Hyperkaliämie, Agitation, Zittern.
Wichtig! Der Wert des Schilddrüsenhormons T4 im Blut sind nicht entscheidend!
Die thyreotoxische Krise kann sogar bei latenten Hyperthyreosen auftreten.
Welche Patient:innen sind gefährdet?
- Patient:innen mit einer Überfunktion der Schilddrüse
- Patient:innen mit einer Entzündung der Schilddrüse
Wie kann ich Ärzt:innen unterstützen?
Achten Sie auf den Allgemeinzustand der Patient:innen und informieren Sie bei Veränderungen wie Tachykardie, Blutdruckspitzen, Hyperkaliämie, Agitation und Zittern umgehend die behandelnden Ärzt:innen.
Tipps und Tricks
- Die Hypothyreose unter einer Behandlung mit immunonkologischen Medikamenten ähnelt dem Morbus Basedow
- Die thyreotoxische Krise ist extrem selten.
Nebennierenkrise (Addison-Krise)
Was versteht man unter einer Nebennierenkrise?
In Stresssituationen – Infektion, Fieber, Unfall, Operationen, Anstrengung, psychischer Stress etc. – ist reagiert die Nebenniere im Normalfall mit einer erhöhten Cortisol -Ausschüttung, die für Anpassungsreaktionen des Organismus essenziell ist. Bei Patient:innen mit Nebenniereninsuffizienz bleibt die Steigerung der Cortisol-Ausschüttung aus.
Die Nebenniereninsuffizienz ist ein Krankheitsbild, bei dem die Nebenniere(nrinde) zu wenig Cortisol bildet. Ursache kann ein Verlust funktionsfähiger hormonproduzierender Zellen der Nebenniere selbst (primäre Nebenniereninsuffizienz, z. B. aufgrund einer Entzündung der Nebenniere (Adrenalitis)) oder eine Störung der übergeordneten hormonellen Achse – Hypothalamus Hypophyse – z. B. aufgrund einer Entzündung der Hypophyse (Hypophysitis) sein.
Der Ausfall der Nebennierenrindenfunktion im Rahmen der Hypophysitis kann lebensbedrohlich sein. Man spricht dann von einer Nebennieren- oder Addison-Krise. Sie ist eine der häufigsten Todesursachen bei Patient:innen mit Nebenniereninsuffizienz.
Der Mangel des lebenswichtigen Hormons Cortisol führt zu unspezifischen Symptomen wie u. a. Übelkeit, Schwäche, Fatigue, Appetitlosigkeit, Bauchschmerzen und Gewichtsverlust.
Behandlung
Die Behandlung der Nebennierenkrise besteht in der sofortigen intravenösen Gabe von Glukokortikoiden durch die Ärzt:innen.
Wie erkenne ich diesen Notfall?
Anzeichen für die Nebennierenkrise sind Müdigkeit, Übelkeit/Erbrechen, Blutdruckabfall, Dehydrierung, Hyponatriämie und Hyperkaliämie. Auch Fieber, Bauchschmerzen sowie Lethargie, Verwirrtheit oder Koma.
Welche Patient:innen sind gefährdet?
- Patient:innen mit Hypophysitis oder Hypophysentumoren
- Patient:innen mit Nebenniereninsuffizienz anderer Ursache, z. B. Adrenalitis
- Patient:innen unter immunonkologischer Therapie
Wie kann ich Ärzt:innen unterstützen?
Beurteilen Sie den Allgemeinzustand der Patient:innen aufmerksam und informieren Sie die behandelnden Ärzt:innen umgehend, wenn Sie bei Patient:innen – vor allem bei Infektionen oder Trauma - plötzlich Blutdruckabfall, Schwäche, Übelkeit, Verwirrtheit und weitere Symptome beobachten.
Tipps und Tricks
- Besprechen Sie mit Ihren Patient:innen und deren Angehörigen typische Stresssituationen und was zu tun ist, um eine Addison-Krise zu vermeiden.
- Weisen Sie Patient:innen und Angehörige darauf hin, dass bei Erbrechen und Durchfall eine ärztliche Behandlung und Anpassung der Glukokortikoid-Dosis erforderlich ist.
- Erklären Sie Patient:innen und Angehörigen die Anzeichen einer Nebennierenkrise.
- Patient:innen mit einer Nebenniereninsuffizienz benötigen einen Notfallausweis!